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Spermidin & Demenz: Was sagt die Wissenschaft zur Prävention, Therapie und Sicherheit?

Spermidin ist ein natürlich vorkommendes Polyamin, das sich in fast jeder Körperzelle findet. Es ist auch als Mikronährstoff bekannt und aktiviert im menschlichen Körper den Prozess der Autophagie, bei dem defekte Zellbestandteile abgebaut und recycelt werden.

In einer Fachfortbildung zum Themenkomplex „Vitalität 50+“ wurde ich von Teilnehmern gefragt, ob Spermidin auch Demenz vorbeugen könnte. Hier ist der aktuelle Stand der Wissenschaft zu klinischen Studien beim Menschen (Stand: August 2025).

1. Pilotstudie (Phase IIa, 2018): Subjektiv kognitive Beschwerden (SCD)

Design: Randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde Studie über 3 Monate mit 30 Senioren (60–80 Jahre) mit subjektivem kognitiven Rückgang.

Ergebnis: Moderate Verbesserung des „mnemonic discrimination“-Tests im Spermidin‑Arm (Effektstärke Cohen’s d ≈ 0,77; mittlere Differenz –0,11; 95 % CI –0,19 bis –0,03). Im Placebo-Arm keine Verbesserung (Quelle: PubMed, edoc.mdc-berlin.de, Medscape)

Fazit: Positive vorläufige Hinweise auf eine Gedächtnisförderung, jedoch nur in kleiner Stichprobe bei Risikopersonen.

2. SmartAge-Phase IIb-Studie (2022): SCD über 12 Monate

Design: Randomisierte, placebokontrollierte Studie (0,9 mg/day Spermidin‑Extrakt vs. Placebo).
Ergebnis: Keine signifikanten Verbesserungen in der Gedächtnisleistung (Mnemonic Similarity Task). Explorative Daten deuten auf mögliche positive Effekte bei Entzündungsmarkern (z. B. sICAM‑1) und verbaler Erinnerung hin. (Quelle: PubMed, PMC)
Fazit: Kein klarer Nutzen in der Primärzielgröße, aber mögliche Hinweise auf sekundäre Vorteile.

3. Studien bei Demenz-Patient:innen

Design: 3‑Monats-Studie in Pflegeheimen (85 Teilnehmer)
Ergebnis: Höhere Spermidindosis = signifikante Verbesserung im CERAD‑Gesamtscore; bei leichter Demenz +2,23 Punkte im MMSE (p = 0,026). (Quelle: PubMed)

1‑Jahres-Studie (n = 45):
Tägliche Spermidin-Dosis ≥ 3,3 mg führte zu mittlerer MMSE-Verbesserung von 5 Punkten (p < 0,001). Weitere Verbesserungen u. a. beim Lernen und Erinnern. PMC

Fazit: Diese nicht-placebokontrollierten Studien zeigen positive Effekte bei bereits bestehenden kognitiven Defiziten, sind jedoch methodisch limitiert (z. B. kein Placebo, kleine Stichproben).

Neben den oben genannten klinischen Studien wurde eine Biomarkerstudie für Mild Cognitive Impairment (MCI) versus Alzheimer durchgeführt (PubMed).

MCI-Patient:innen zeigten signifikant höhere Serum‑Spermidinwerte als Controls (p = 0,01), mit teils Korrelation zu kognitiven Scores (MMSE r = –0,705). (Quelle: PubMed)

4. Spermidin in der Prävention und Therapie kognitiver Einschränkungen subjektiver kognitiver Rückgang (SCD)

Eine randomisierte Pilotstudie (Wirth et al., 2018) zeigte bei 30 älteren Erwachsenen positive Effekte von 1,2 mg Spermidin täglich auf das episodische Gedächtnis. In der größeren SmartAge-Studie (Schwarz et al., 2022) über 12 Monate mit 0,9 mg Spermidin/Tag konnten diese Effekte jedoch nicht bestätigt werden.

Fazit: Bisher keine belastbare Evidenz für die Prävention von Demenz durch Spermidin.

5. Spermidin als Biomarker

Einige Beobachtungsstudien fanden eine Assoziation zwischen erhöhten Serum-Spermidinspiegeln und kognitiver Leistung (Wang et al., 2022; Goschke et al., 2022). Noch ist unklar, ob dies Ursache oder Folge neurodegenerativer Prozesse ist.

Fazit: Interessantes Potenzial als Biomarker für Hirnalterung, aber noch nicht praxisreif.

Neuere Studien zeigen, dass Spermidin nach oraler Aufnahme weitgehend in Spermine umgewandelt wird. Dies könnte Einfluss auf die Wirkung im Gehirn haben.

Prof. Martin Smollich führte zur Aufnahme von Spermidin im Körper als Nahrungsergänzungsmittel in 2022 eine eigene Studie durch. Das Ergebnis: Es gab keinen Unterschied in der Konzentration von Spermidin im Speichel oder im Blut, egal ob 15 mg Spermidin oder ein Plazebo eingenommen wurde. Seine Conclusio: Spermidin wird als Supplement im menschlichen Körper gar nicht aufgenommen (Quelle: Der Nährstoffkompass, 2025).

Fazit: Wirkungskaskade vermutlich indirekt über Metabolite.

In Studien mit bis zu 40 mg/Tag (Eisenberg et al., 2024) zeigte sich Spermidin als sicher und gut verträglich. Keine Nebenwirkungen oder Veränderungen relevanter Laborparameter wurden beobachtet.

Wenngleich Spermidin klinisch nicht nachweisbar Demenz vorbeugt, verhindert oder verbessert, ist bekannt, dass Spermiding den Prozess der Autophagie aktiviert, bei dem defekte Zellbestandteile abgebaut und recycelt werden. 

Vor dem Hintergrund der nicht nachweisbaren Aufnahme von Spermidin-Supplementen könnte die Konsummation von spermidinreichen Lebensmitteln an Bedeutung gewinnen.

Hier eine Übersicht der spermidinreichsten Lebensmittel:

Die notwendige Mindestaufnahmemenge von Spermidin, um Autophagie zu aktivieren ist unklar. Darüberhinaus ist Autophagie nicht einfach zu messen. Vermutlich sind > 3 mg/Tag nötig, evtl. mehr (eine Information, mit der meiner Meinung nach wenig anzufangen ist).

Aktuell gibt es keine ausreichend robuste Evidenz, die Spermidin als wirksame Prophylaxe oder Therapie gegen Demenz belegt. Während manche klinische Studien vielversprechende Signale zeigen – insbesondere bei leichter Demenz oder subjektivem kognitiven Rückgang – sind diese meist klein, oft ohne Kontrollgruppe oder Placebo, und müssen durch größere, methodisch solide Studien bestätigt werden.

Für eine klare Empfehlung zu Prävention oder Therapie ist die Evidenzlage derzeit als vorläufig und explorativ zu beurteilen.

KategorieEvidenzlage
Prävention (SCD)Pilotdaten vielversprechend, große Studie negativ
Therapie (leichte Demenz)Hinweise auf Nutzen, aber keine RCTs
SicherheitGut verträglich bis 40 mg/Tag
BiomarkerAssoziationen vorhanden, kausale Richtung unklar
PharmakologieUmwandlung in Spermine relevant
Quellen

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